Pressemitteilung zum Gespräch mit der Klosterkammer
Osnabrück, 9. November 2025
Gespräch der Initiative „Erbbaurechtnehmende in Osnabrück“ mit Vertreter:innen der Klosterkammer Hannover
im Klosterrentamt Osnabrück am 6. November 2025
Im Sinne eines „guten Austauschs“ hat sich die Initiative für Erbbaurechtnehmende Osnabrück mit Vertreter:innen der Klosterkammer Hannover im Klosterrentamt Osnabrück zu einem Gespräch getroffen.
Das Treffen fand in insgesamt freundlicher Atmosphäre als Informations- und Meinungsaustausch statt.
Während des Gesprächs erklärte Frau Bock von der Klosterkammer:
„Viele Erbbaurechtnehmende seien in den vergangenen Jahrzehnten recht blauäugig an das Vertragsende und die Erneuerung ihres Erbbaurechts herangegangen. Die nun spürbare Enttäuschung sei somit Ausdruck eines Erkenntnisgewinns. Diese Enttäuschung solle man bitte als Chance begreifen – und akzeptieren.“
Etwas perplex war unsere Erwiderung: „Das bedeutet also: Friss oder stirb?“
Unsere Einschätzung wurde durch zustimmendes Kopfnicken und ein leichtes Schulterzucken seitens der Kammervertretung bestätigt.
Wir haben daraufhin diese Enttäuschung anerkannt – ebenso wie das Bewusstsein über die Tragweite unserer Situation, die ihr naturgemäß vorausging. Zugleich betonten wir, dass jede Enttäuschung eine Ursache hat – und damit auch einen möglichen Verursacher. Daraus ergibt sich die Frage nach Verantwortung. Diesen Gedanken wollte die Klosterkammer jedoch ausdrücklich nicht auf sich beziehen.
Selbst die Klosterkammer konnte die Entwicklung der Bodenwerte in den vergangenen zehn Jahren aber nicht vorhersehen. Seit den 1980er-Jahren haben Erbbaurechtnehmende mehrfach versucht, die Grundstücke zu erwerben – diese Anträge wurden von der Klosterkammer jedoch konsequent abgelehnt.
In den älteren Verträgen finden sich keinerlei Hinweise auf mögliche massive Kostensteigerungen. Auch beim Erwerb der Gebäude von Vorbesitzer:innen wurden die Käufer:innen vonseiten der Klosterkammer nicht über die Risiken einer zukünftigen Erbbauzinsentwicklung informiert.
Vor diesem Hintergrund empfinden wir den Vorwurf der „Blauäugigkeit“ als unangemessen und brüskierend. Viele Erbbaurechtnehmende befinden sich derzeit in einer Situation großer Unsicherheit, da keine verlässlichen Aussagen über künftige Vertragsbedingungen gemacht werden.
Dieses Verhalten trägt nicht zu einer sachgerechten Problemlösung bei und gefährdet das Vertrauen in eine faire und soziale Ausgestaltung des Erbbaurechts.
Die ungleichen Nutzungsverträge in direkter Nachbarschaft – also bei gleichem Bodenrichtwert – gehen um ein Mehrfaches auseinander. Dies sieht die Klosterkammer selbst als ungerecht an und möchte nun die Altverträge anpassen. Niemals jedoch wird sie die in den letzten Jahren viel zu teuer verkauften Rechte nach unten korrigieren. Da kann uns also nur die Politik helfen!
Und es kommt noch schlimmer: Die Klosterkammer handelt im Rechtsrahmen. Sie kann sogar noch weitere Spielräume nutzen und einen Erbbauzinssatz von sechs oder sogar acht Prozent aufrufen. Den Erbbaurechtnehmenden bliebe dann nur die Klage auf Sittenwidrigkeit.
Das weiß die Klosterkammer – und wenn sie nur recht viele überteuerte Verträge am Markt platziert, ist die Sittenwidrigkeit widerlegt und nicht mehr einklagbar. Die Klosterkammer als Sondervermögen des Landes Niedersachsen ist jedoch – ebenso wie Behörden – gesetzlich verpflichtet zur „angemessenen Vertragsgestaltung“. Wenn hier nun die Politik keine Handlungsnotwendigkeit erkennt, werden wir das Grundvertrauen verlieren!
Diesen Teil des Gesprächs empfanden wir als arrogant, selbstgerecht und unverantwortlich.
Trotzdem hat die Klosterkammer auch ein Problembewusstsein. Sie möchte sich um die Gruppe kümmern, bei der es wirklich zu einer finanziellen Überforderung kommt – ohne dabei konkreter zu werden. Alle, die nur an ihre Belastungsgrenze kommen, müssen damit umzugehen lernen.
Positiv ist, dass anscheinend bei Neuverträgen keine „Heimfallklausel“ mehr zur Anwendung kommt.
Unser Eindruck
„Wir sehen uns wie Hasen in der Falle.“
Eine bloße Akzeptanz dieser Situation lehnen wir ab! Stattdessen tragen wir unsere Erkenntnisse weiter in die Öffentlichkeit – der Diskurs über ein gerechtes und soziales Erbbaurecht hat bereits begonnen.
Es wurde im Gespräch deutlich, dass die Klosterkammer weiterhin an den Vorgehensweisen festhalten möchte, die sich aus ihrer Pressemitteilung vom 19.09.2025 ergeben.
Erklärtes Renditeziel der Klosterkammer ist die Geldmarktrendite. Dies wird durch die Anlehnung an die Bundesanleihen deutlich. Dem könnten wir folgen, wenn man die beiden gravierenden Unterschiede zwischen Geldmarktrenditen und den Einnahmen aus Erbbaurechten berücksichtigt:
Eine effektive Rendite am Geldmarkt muss realistisch betrachtet werden – der Geldwertverlust (Inflation) ist vom reinen Zinsgewinn abzuziehen. Dies sollte dann auch am Bodenmarkt erfolgen. Zusätzlich gehört zur Rendite am Bodenmarkt auch die Wertsteigerung des Bodens; auch diese muss in die effektive Rendite einbezogen, sprich dazu gerechnet werden.
Alle maßgeblichen, im Landtag vertretenen Parteien erkennen inzwischen an, dass Wohnen Teil der Daseinsvorsorge ist und bezahlbares Wohnen ermöglicht werden muss.
Im Eigenheim lebende Erbbaurechtnehmende sind als vulnerable Gruppe einzustufen, die bislang über keinen angemessenen Schutz verfügt. Das Erbbaurecht birgt erhebliches soziales Konfliktpotenzial – darauf konnten wir die Parteien aufmerksam machen.
Diese politischen Bekenntnisse gilt es nun in konkrete Maßnahmen umzusetzen – daran werden wir unsere Volksvertreter:innen messen.
Wir danken insbesondere der Niedersächsischen SPD und den Bündnis 90/Die Grünen, die sich in einem Entschließungsantrag, der voraussichtlich im November in erster Lesung im Landtag behandelt wird, klar zu einer sozial gerechten Weiterentwicklung des Erbbaurechts bekennen.
Diesen Antrag unterstützen wir ausdrücklich und hoffen, den Prozess weiterhin konstruktiv begleiten zu können.
Gleichzeitig ist uns bewusst, dass damit unsere Arbeit nicht endet. Ungerechtigkeiten bestehen weiterhin – sei es auf Ebene des Bundes, der Länder, der Kommunen oder bei fast allen Erbbaurechtsgebenden.
Unsere Initiative steht also weiterhin vor großen Aufgaben.
Gespräch der Initiative „Erbbaurechtnehmende in Osnabrück“ mit Herrn Volker Bajus, MdL, am 6. November 2025
Mit fünf Vertretern unserer Initiative trafen wir uns im Büro von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Volker Bajus.
Wir wurden herzlich empfangen, und in einer freundschaftlichen Atmosphäre konnten wir unsere Anliegen im Erbbaurecht auf Augenhöhe besprechen. Die Problematik war Herrn Bajus bereits bekannt und konnte im Gespräch anschaulich vertieft werden.
Herr Bajus zeigte außerordentliches Interesse und war offen für alle Argumente. Er betonte, dass die aus dem derzeitigen Erbbaurecht resultierenden Härten und Zwänge nun politisches Handeln erfordern. Zudem erläuterte er das weitere Vorgehen und versprach, seine Fraktion umfassend über die Situation der Erbbaurechtnehmenden zu informieren – wozu auch der vielfach überreichte Informationsflyer unserer Initiative beitragen wird.
Erfreut und bestärkt durch die gezeigte Unterstützung beendeten wir das Gespräch nach rund einer Stunde.
Wir danken Herrn Bajus herzlich – trotz seiner an diesem Tag leicht angeschlagenen Gesundheit für das konstruktive und offene Gespräch, freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und nehmen einige Anregungen für unsere Arbeit mit.