Hier finden Sie wichtige Begriffe zum Thema Erbbau erklärt. Außerdem lesen Sie hier unsere Stellungnahme und aus unserer Sicht notwendige Anpassungen. Die einzelnen Themen finden Sie in den jeweiligen Unterseiten.
Gesamtbetrachtung
Einleitung
Die freie soziale Marktwirtschaft basiert auf einem grundlegenden Prinzip:
Angebot und Nachfrage sollen ohne Verzerrungen aufeinandertreffen. Doch genau dieses Prinzip ist im deutschen Erbbaurechtsmarkt nicht erkennbar. Während bei Energie, Telekommunikation und Gas bereits erfolgreiche Marktöffnungen stattgefunden haben, bleibt der Erbbaumarkt weitgehend unreguliert – mit drastischen Folgen für die Betroffenen.
Problem
Der Erbbauzinsmarkt ist ein Paradebeispiel für eine massive Marktverzerrung. Das Angebot an verfügbarem Bauland wird künstlich verknappt, da viele Grundstücke durch langfristige Erbbaurechtsverträge blockiert sind und nie wieder regulär auf den Verkaufsmarkt zurückkehren.
Das heutige Erbbaurecht ist kein Teil des bezahlbaren Wohnraumes,
sondern eine exorbitante Kostenfalle!
Grundbesitzende profitieren dabei in mehrfacher Hinsicht:
Sie können bei jeder Vertragsverlängerung den aktuellen Bodenrichtwert vollständig in den neuen Erbbauzins übertragen – ohne das Grundstück zu veräußern.
Diese Praxis generiert für die Eigentümer laufende Einnahmen mit nahezu 100 % Gewinnmarge – ganz ohne Produktionskosten und bei Stiftungen selbstverständlich auch steuerbefreit.
Gleichzeitig wird der Erbbaurechtnehmende durch Banken, die Vertragsverlängerungen frühzeitig fordern, in eine Zwangssituation gedrängt.
Ein echter freier Markt entsteht so nicht:
Der Erbbaurechtnehmende kann nicht frei entscheiden, sondern muss sich oft entweder einem massiv erhöhten Erbbauzins unterwerfen, verkaufen (meist unter Marktwert) oder es kommt zum sogenannten Heimfall – mit weiteren finanziellen Einbußen (nur 2/3 des Verkaufswerts).
Der Fiskus verlangt zusätzlich erneut Grunderwerbsteuer, obwohl real kein Eigentumswechsel stattfindet und man nicht einmal anteilig etwas erwirbt.
Am Ende eines Vertrags oder der Erneuerung fällt man auf den überhitzten Bodenmarkt zurück – ohne Schutz, ohne Kaufoption, ohne Alternativen.
Bei keinem Aspekt des Erbbaurechts erwirbt der Erbbaurechtsnehmende auch nur anteilig Eigentum am Grundstück. Er bleibt dauerhaft Nutzer – nicht Eigentümer.
Trotzdem wird er bei allen Kosten und Pflichten so behandelt, als wäre er Eigentümer:
Grundsteuer – wird vollständig vom Erbbaurechtsnehmenden gezahlt
Erschließungs- und Endausbaukosten – trägt ebenfalls der Erbbaurechtsnehmende
Notarkosten und Grundbuchgebühren – zu Lasten des Erbbaurechtsnehmenden
Grunderwerbsteuer – fällt in voller Höhe auch beim Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags an, und wiederholt bei einer Vertragserneuerung.
Der Erbbaurechtsnehmende übernimmt also sämtliche finanzielle und rechtliche Belastungen eines Grundstückseigentümers – ohne jemals selbst Eigentum am Grund und Boden zu erhalten.
Bleibt der Erbbauzins dauerhaft über dem marktüblichen Kapital- oder Geldmarktzinssatz, wird das Erbbaurecht nicht zur günstigen Alternative, sondern langfristig sogar zur wirtschaftlich nachteiligen Lösung im Vergleich zum Grundstückskauf.
Der Erbbauzins ist eine jährlich wiederkehrende Zahlung auf den Grundstückswert, ohne dass dabei Eigentum am Boden entsteht.
Liegt der Erbbauzins z. B. bei 4 % oder mehr, während langfristige Finanzierungen am Kapitalmarkt nur 2–3 % Zinsen erfordern, entsteht eine dauerhafte Mehrbelastung für den Erbbauberechtigten.
Bei gleichen monatlichen Kosten ließe sich mit einer klassischen Finanzierung inklusive Tilgung innerhalb von 30 bis 35 Jahren das Grundstück vollständig erwerben – und damit echtes Eigentum schaffen.
Beim Erbbaurecht dagegen bleiben die Zahlungen unbefristet, selbst nach Jahrzehnten – ohne Eigentumserwerb, und mit dem Risiko, dass der Vertrag nicht verlängert wird und der Zins steigt unaufhörlich weiter.
Die weitverbreitete Mär, ältere Erbbaurechte seien „viel zu billig“, hält einer sachlichen Überprüfung nicht stand. Ebenso irreführend ist die Behauptung, die Wertsicherungsklausel diene lediglich dem Ausgleich der Inflation.
Dieses Missverhältnis zwischen wirtschaftlicher Belastung und rechtlicher Stellung ist aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß und stellt insbesondere langjährige Erbbaurechtsnehmende vor ein strukturelles Ungleichgewicht – bis hin zur wirtschaftlichen Überforderung.
Unsere Kritik
· Das feste Laufzeitende eines Erbbaurechts ist sachlich nicht gerechtfertigt.
Die langfristige Nutzung eines Grundstücks im Zusammenhang mit einer bestehenden Immobilie bleibt auch über das ursprüngliche Vertragsende hinaus sinnvoll und wirtschaftlich geboten.
Wird das Erbbaurecht verlängert oder fortgeführt, bleiben die Einnahmen für den Grundstückseigentümer erhalten – und sind durch Wertsicherungsklauseln nicht nur inflationsgeschützt, sondern bieten in der Regel sogar eine reale Wertsteigerung.
· Ein Vorbild liefert das Mietrecht.
Dort wurde erkannt, dass ein Mieter vulnerable ist und es ihn zu schützen gilt. Das ist überdeutlich auch für Erbbaurechtnehmende anzuerkennen. Seit der Mietrechtsreform 2001 gelten Mietverträge grundsätzlich als unbefristet, auch wenn sie ursprünglich befristet abgeschlossen wurden – es sei denn, ein sachlich triftiger Beendigungsgrund liegt vor.
Dies zeigt, dass dauerhafte Nutzungsrechte im Sinne der sozialen und wirtschaftlichen Stabilität rechtlich zulässig und sinnvoll sind.
Unsere Forderungen
1. Unbefristung aller Erbbaurechtsverträge
Anpassung des § 4 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG): Erbbaurechtsverträge sollen – analog zum Mietrecht – künftig grundsätzlich unbefristet gelten.
2. Begrenzung der Wertsicherungsklauseln
Der automatische Erhöhungsmechanismus muss gesetzlich gedeckelt werden. Aktuell führen Wertsicherungsklauseln zu realen Preissteigerungen, die deutlich über der Inflationsrate liegen.
3. Der Erbbauzins müsste dauerhaft deutlich unter dem Kapitalmarktzins liegen, um eine echte Alternative zum Grundstückskauf zu sein.
4. Rückführung von unter Zwang erneuerten Verträgen auf ein faires Niveau nach Sozialstaatsprinzipien. Viele Erbbaurechtsverträge wurden in den letzten Jahren unter Druck oder einseitiger Verhandlungsmacht neu abgeschlossen – mit drastischen Erhöhungen. Diese Verträge müssen gesetzlich überprüft und korrigiert werden.
Fazit
Wohnen ist Teil der Daseinsvorsorge – das muss auch für Erbbaurechtnehmende gelten!
Unter den heutigen Bedingungen gehört das Erbbaurecht vollständig reformiert bzw. abgeschafft.
Das Erbbaurecht ist kein Teil des bezahlbaren Wohnraums. Da schon vom ersten Tag ein kreditfinanzierter Kauf günstiger wäre, ist das Erbbaurecht sogar das genaue Gegenteil davon.
Die aktuelle Ausgestaltung des Erbbaurechts widerspricht den Prinzipien einer freien und fairen Marktwirtschaft. Die einseitige Vorteilslage für Grundstückseigentümer und die Schwäche der Erbbaurechtnehmenden erzeugen eine Marktsituation, die dringend einer Regulierung bedarf. Eine Reform ist nicht nur überfällig, sondern alternativlos – im Sinne sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft.
Selbst bei den heute geltenden enormen Bodenpreisen gilt:
Niemand würde sich,
wenn er die freie Wahl zwischen Kauf und Erbbaurechtvertrag hat,
für ein Erbbaurecht entscheiden.
Erbbaurechtsverträge werden nur, mangels einer Alternative,
also unter Zwang abgeschlossen!